Erstes SubSorb – Festival der sorbischen Subkulturen

 

SubSorb – das Festival der sorbischen Subkultur lud vom 19. bis 21. Januar 2024 nach Hoyerswerda ein, erstmals innerhalb eines Formats moderne ober- und niedersorbische Kunst und Kultur jenseits von verstaubten Klischees und Stereotypen kennenzulernen. Die Kulturfabrik Hoyerswerda wurde für drei Tage zu einem Ort gelebter Zweisprachigkeit und gab der sorbischen Subkultur Raum: HipHop, Rap, Reggae, Punk und elektronische Tanzmusik, eine Ausstellung angesagter junger Kunst u.a. von Netzwerkmitglied Hella Stoletzki, DJs, die Preview des neuen Kinofilms von Grit Lemke und Kurzfilme präsentiert von Łužycafilm sowie Mapping an der Außenfassade.
Wie Traditionen nicht verworfen, sondern aufgenommen und neu interpretiert werden, zeigte vor allem eine Vielzahl von Workshops. Sie boten Einblick in sorbische/wendische Perlenstickerei, Blaudruck oder die Digitalisierung einer Tracht, verbanden traditionellen mit neuem Tanz und ermöglichten mit kleinen Workshops einen niederschwelligen Einstieg in die sorbische Alltagssprache.
Das Festival hatte auf dem Gebiet Film und audiovisuelle Medien viele spannende Veranstaltungen zu bieten. Hier einige Highlights aus dem Programm:

Film a rozmołwa /a rozgrono / mit Gespräch: Grit Lemke „Pola nas rěka wona Hanka / Pla nas gronje jej Hanka / Bei uns heißt sie Hanka“ und Konzert: filmowa hudźba / filmowa muzika / Filmmusik, Walburga Wałdźic/Walde, Izabela Kałduńska

Als erster Kinofilm über, von und mit Sorben macht sich BEI UNS HEISST SIE HANKA auf zu einem Streifzug durch die Lausitz. In ihrem Dokumentarfilm begibt sich Regisseurin Grit Lemke auf die Spur ihrer sorbischen Wurzeln. Was macht uns zu denen, die wir sind? Herkunft, Muttersprache, Nationalität? Was, wenn wir sie verlieren? Auf der Suche nach ihren eigenen Wurzeln erkundet die Regisseurin ein indigenes Volk in Deutschland: die Sorben, das kleinste slawische Volk. Ihre Sprache und Kultur sind entweder verschwunden oder durch jahrhundertelange Unterdrückung und Assimilationsdruck stark gefährdet. Doch eine neue Generation will das nicht länger hinnehmen. Was als Suche nach Herkunft, Muttersprache und Zugehörigkeit beginnt, wird zu einem sehr persönlichen und intimen Einblick in die Traditionen, Traumata und Träume eines Volkes.

Skillsharing Mapping / wótnerdowaś k temje Mapping 

Abstrakte Formen, Videos, eigene Bilder und Animationen – der Technik der Projektion auf Häuser oder eigentlich jeden beliebigen Gegenstand (Mapping) ist nur eine Grenze gesetzt: die der eigenen Vorstellung.

Vortrag: „Serbske utopije – Sorbische Zukünfte“

Der Blick auf eine positive Zukunft erscheint vielen aktuell verstellt: Klimawandel, Krieg oder das drohende Absterben der sorbischen/wendischen Kultur machen es schwer, Perspektiven zu entwickeln. Gerade deshalb sprachen wir über Themen wie Science-Fiction, Ethnofuturismus oder „serbska utopija“. Wir überlegten, welche Inspirationen Minderheitenperspektiven und spezifische sorbische Themen zum Denken von (erfreulichen) Zukünften beisteuern können.

Workshop: Drasta Digital „Wie digitalisiere ich eine Tracht“

Einblicke in die Prozesse, mit denen sorbische Trachtenteile im Projekt Drasta Digital ihren Weg in die Virtuelle Realität finden gab Jan Lorenz vom Kollektiv Ectoplastic. Rund um die Themen Digitalisierung und Virtual Fashion waren die Teilnehmer eingeladen, etwas über die Arbeitsprozesse zu erfahren, Fragen zu stellen und die Möglichkeiten und Grenzen der Technik kennenzulernen.

Serbske kino: krotke filmy a rozmołwy/rozgrona / Kurze Filme und Gespräche – präsentiert vom unserem sorbisch-deutschen Filmnetzwerk ŁUŽYCAFILM:

„A SERBSCE“ (Workshopfilm unter Leitung von Erik Schiesko, 2012)

Laut Gesetz müssen im sorbischen Siedlungsgebiet Kommunen und Gemeinden Schilder zweisprachig führen, sowohl in deutscher, als auch sorbischer Sprache. Doch zahllose Beispiele zeigen, dass diese falsch oder überhaupt nicht übersetzt sind. Vier sorbische Jugendliche fühlen sich missverstanden. So ziehen sie in der Nacht durch die Straßen und kleben Aufkleber auf Straßenschilder mit fehlender Übersetzung. Doch einer der vier schießt über das Ziel hinaus…

„ŹIWA ŽEŃSKA“ (Hella Stoletzki, 2019)

Eine filmische Collage, basierend auf der Lausitzer Sage der wilden Frau vom Picho, welche sich aus der Begegnung zweier Frauen, Symboliken, Gesten und einem missverstandenen Geschenk strickt.

„KŘIŽERKI“ (Sofija Cyžec / Sophia Ziesch, 2022)

Johanna (26) ist Teil des sorbisch-feministischen Rap-Kollektivs „Kolektiw Klanki“, das für neue Rollenbilder in der sorbischen Gemeinschaft kämpft. Ihr Heimatdorf Ostro liegt im Herzen der Oberlausitz. Nicht weit von der Kirche befindet sich der Vierseithof von Johannas Eltern. Die Vorbereitungen für Ostern sind schon im vollen Gange, im Stall werden die Pferde geschmückt und Johanna hilft beim Einflechten. Johannas Vater gibt Anweisungen und kritisiert sie immer wieder scharf. In den Interaktionen wird die Zugehörigkeit der jungen Frau in die sorbische Gemeinschaft erlebbar und gleichzeitig werden die Spannungen zwischen den Generationen spürbar. Johanna, die leidenschaftlich gerne reitet, versucht ihre Familie davon zu überzeugen, beim bekannten Osterreiten, das traditionell ausschließlich männlichen Reitern vorbehalten ist, mitreiten zu dürfen. Werden sie zulassen, dass sich die Tradition langsam verändert?

“SKAWTY – NIMAM (HIŠĆE) BOK NA ŠULU” (“Serbske medijowe SKAWTy” unter Anleitung von Michał Cyž / Michael Ziesch, 2023)

Musikalisches Arrangement und Text stammen aus der Feder des 12jährigen Kilian van Dorp – Schüler am Sorbischen Gymnasium in Bautzen. Die Medienscouts sind eine Initiative des 2022 neugegründeten Studio´s LUCIJA im Haus der Sorben in Bautzen.

“JAJO” (Thrush, 2020)

Die „Mittagsfrau“ ist in der sorbischen Mythologie eine Gestalt, der sich Anna auf einer inneren, sinnlichen Reise nähert, wobei auch die fragile Symbiose zwischen Natur und Mensch gespiegelt wird.

“ČERT” (Kollektiw WAKUUM, 2022)

“diesmal war es nicht die mittagsfrau die in der sommerhitze kam der teufel kam im anzug mit fremder zunge und mit schaufel und machte sich sogleich ans werk…” – Musikvideo zum gleichnamigen Song von John, Paul, George, Ringo & Richard feat. Jimmie Prage

“SERBSKA UTOPIJA” (RBB, 2023)

Als fiktionale Collage öffnet “SERBSKA UTOPIJA” das Sichtfeld auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen im sorbischen Kontext. Drei Kurzfilme und eine Rahmenhandlung beschäftigen sich mit kleinen, aber auch großen, erkämpften Veränderungen der sorbischen Kultur im Gestern, Heute und Morgen.
In Dirk Lienigs „Dnjownik | Das Tagebuch“ beschreibt der Filmemacher den Verlust der sorbischen Sprache für zukünftige Generationen. Die Regisseurinnen Hella Stoletzki und Karoline Schneider öffnen in „Serbski Telewizor | Sorbisches Fernsehen“ das Gedankenspiel für sorbisches Mainstream-Fernsehen. Regisseur Erik Schiesko, Kameramann Roman Pernack und Darsteller Stephan Göbel loten in „Serbsky Bratžy |Sorbische Brüder“ aus, inwieweit das Sorbische vermarktet werden darf und vor allem von wem.
Die größtenteils in niedersorbischer Sprache umgesetzten Kurzfilme sind in eine fiktionale Moderation eingebettet, welche von Erik (Regie, Schnitt) und Clemens Schiesko (Kamera) umgesetzt wurde. Dabei blicken drei Frauen aus der Zukunft auf alternative, sorbische Gegenwartsszenarien zurück. Es wird die Frage gestellt, wie sich sorbische Kultur verändert hätte, würde sie mit dem Zeitalter der Technologie stetig Millionen Menschen erreichen.